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Die Rolle der Mastzelle bei SARS-CoV-2-Infektionen
Dipl.-Biol. Ingrid Frank
 
Im Fokus dieses Vortrages stand die Mastzelle, die als Immunzelle der allergischen Reaktion jedem geläufig ist, deren Rolle bei der antiviralen Immunabwehr aber bis heute noch weitestgehend unbeachtet bleibt. Mit ihren nahezu 600 Oberflächenrezeptoren und bis zu 200 Mediatoren, die sie nach Aktivierung innerhalb von Sekunden freisetzen kann, ist sie in der Lage Eindringlinge, egal ob Allergen oder Pathogen, direkt abzuwehren. Demzufolge ist sie vor allem an den Grenzflächen des Körpers lokalisiert, nämlich der Haut, dem Darm und den Atemwegen. Sie reguliert und steuert über ihre Mediatoren die Funktion unterschiedlichster Immunzellen. Damit ist sie wichtiges Bindeglied der erworbenen und angeborenen Immunität und mit Abstand die effektivste Zelle für das Auslösen einer Entzündung, einem wichtigen Schutzmechanismen des Körpers. Welcher Mediator und wie viel davon freigesetzt wird, hängt vom aktivierenden Stimulus ab, der immunologischen oder aber nicht-immunologischen Ursprungs sein kann. Über Toll-like-Rezeptoren können auch bakterielle und virale Antigene zu einer transienten Mastzellaktivierung führen.
 
Dementsprechend haben Störungen der Mastzellfunktion gravierende Folgen und führen zu schweren oft chronischen Erkrankungen. Beim Mastzellaktivierungssyndrom, kurz MCAS, liegt eine dauerhafte Hyperaktivierung der Mastzellen vor, die sich oftmals schleichend multisystemisch ausbreitet. Über die enge Vernetzung der Mastzellen mit zahlreichen anderen Zellen des Immunsystems kommt es letztlich zu einer immunsystemübergreifenden Aktivierung aller Zellen. Proinflammatorischer Zytokine werden massiv ausgeschüttet, dass führt zu einem sogenannten Zytokinsturm, wie wir ihn aktuell auch bei der SARS-CoV-2-Infektion beobachten.
 
Nicht nur die Tatsache, dass Mastzellen verstärkt in der Lunge vorkommen, sondern auch die ähnlichen Entzündungsmuster und Beschwerdebilder des Mastzellaktivierungssyndroms sowie der COVID-19-Erkrankung, führen zu der Annahme, dass dysfunktionale, hyperreaktive Mastzellen in Zusammenhang mit schweren COVID-19-Verläufen stehen. Und nicht zuletzt zeigt sich, dass Therapieoptionen des MCAS, wie beispielsweise Mastzellstabilisatoren, Leukotrienantagonisten oder die Gabe von Vitamin C bzw. Antihistaminika einem schweren COVID-19-Verlauf entgegenwirken können.
 
Sicherlich sind die Signalnetzwerke aller entzündlicher Erkrankungen äußerst komplex. Doch erscheint es nach heutigem Kenntnisstand unabdingbar neben den bekannten entzündlichen Zellen, generell auch die Mastzelle in den Prozess der Hyperinflammation mit einzubeziehen. Bei der SARS-CoV-2-Infektion bzw. dem Post-COVID-Syndrom scheinen gerade unerkannte und damit unbehandelte MCAS-Patienten besonders gefährdet. Diese sollten daher im Vorfeld über die Bestimmung der Mastzellmediatoren wie beispielsweise Tryptase, Gesamt-Histamin, Cysteinyl-Leukotrien und Chromogranin A diagnostiziert werden, um möglichst frühzeitig fatalen Krankheitsverläufen gegenzusteuern.
 
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