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Maserninfektionen löschen Teile des Immungedächtnisses und führen langfristig zu einer Minderung der Immunkompetenz
Das Masernvirus ist ein behülltes einzelsträngiges Negativstrang-RNA-Virus aus der Familie der Paramyxoviridae im Genus Morbillivirus von etwa 150 nm Größe. Die Kontagiosität (Ansteckungsfähigkeit) liegt mit 98 % sehr hoch und beginnt circa eine Woche vor Ausbruch des Exanthems und dauert noch 2-3 Tage nach Abblassen des Exanthems an. Es gibt keine asymptomatischen Verläufe bei Erstinfektion (1).
 
Die Letalität beträgt normalerweise 1:3000 und kann bei Mangelernährung, Immunsuppression o. Ä. auf 10 % und in Entwicklungsländern auf bis zu 25 % steigen (1). Die Mehrheit der mit Masern assoziierten Komplikationen und Todesfälle sind auf Sekundärinfektionen zurückzuführen, die das Ergebnis der masernbedingten Immunsuppression sind (2; 3).
 
Neuere Untersuchungen (4; 5) zeigen, dass diese Immunsuppression deutlich länger anhält und schwerwiegender ist als bisher gedacht. Dabei konnten durch Bestimmung der Gen-Sequenzen für den B-Zellrezeptor die B-Gedächtniszellpools vor und nach Maserninfektion charakterisiert und verglichen werden. Die ermittelte genetische Restrukturierung nach Infektion führt demnach zu einer deutlichen knochenmarksbedingten Diversitätsminderung der naiven B-Zellen sowie zu einer Verarmung der bisher gebildeten B-Gedächtniszellen bzw. der Antikörperantwort und damit zur einer partiellen Löschung des bisher aufgebauten Immungedächtnisses. Die Beobachtung, dass Kinder die eine komplikationslose Masernerkrankung durchgemacht haben, für bis zu fünf Jahre ein höheres Erkrankungs- und Todesfallrisiko aufweisen (4) können hiermit plausibel erklärt werden.
 
Diese neuen Erkenntnisse sowie die hohe Zahl an z. T. schweren, nicht selten fatalen Komplikationen zeigen, wie wichtig eine konsequent durchgeführte Masernschutzimpfung ist.
 
Komplikationen einer Maserninfektion sind:
 
  • Otitis media (ca. 10 %) – meist durch bakterielle Superinfektion: 10/100 Masernfälle
  • Primär virale Riesenzellpneumonie bei atypischen Masern: 1–6/100 Masernfälle
  • Sekundäre Pneumonie durch bakterielle Superinfektion
  • Keratitis und ggf. Erblindung bei Vitamin A-Mangel
  • Akute postinfektiöse Masernencephalitis (APME): 1–2/1000 Masernfälle
    1-2 Fälle/1000 Masernfälle mit hohem Fieber, Krampfanfällen und Meningismus. Ursache ist wahrscheinlich eine auto-immunbedingte perivenöse Entmarkung. Die Letalität liegt bei ca. 20 %, in weiteren 20-30 % kommt es nur zur Defektheilung!
  • Maserneinschlusskörperencephalitis (MIBE) (nur bei Patienten mit Immundefekten)
  • Subakute sklerosierende Panencephalitis (SSPE): 4-11/100000 Masernfälle
  • Bei Kindern < 5 Jahre beträgt die Häufigkeit: 20–60/100000 Masernfälle
    Die Inkubationszeit beträgt zwischen 6 und 15 Jahren. Es kommt zu mentalen Defiziten, Myoklonien, Ataxie, Spastik. Der Verlauf erstreckt sich meist über einige Monate und endet immer letal.
 
Literatur:
1. B. Neumeister, H.K. Geiss, R. W. Braun, P. Kimmig, Mikrobiologische Diagnostik, 2. Aufl. 2009, Georg Thieme Verl, P.920
2. D. L. Miller, Frequency of complications of measles, 1963. Report on a national inquiry by the public health laboratory service in collaboration with the society of medical officers of health. Br. Med. J. 2, 75–78 (1964)
3. A. P. Beckford, R. O. Kaschula, C. Stephen, Factors associated with fatal cases of measles. A retrospective autopsy study A retrospective autopsy study. S. Afr. Med. J. 68, 858–863 (1985).
4. Velislava N. Petrova1 et al. , Incomplete genetic reconstitution of B cellpools contributes to prolonged immunosuppression after measles. Sci. Immunol. 4, eaay6125 (2019) 1 November 2019
5. Duane R. Wesemann, Game of clones: How measles remodels theB cell landscape, B cell receptor sequencing sheds light on how measles cripples the immune system long after recovery from clinical disease Sci. Immunol. 4, eaaz4195 (2019) 1 November 2019
 
 
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