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Geschlechtskrankheit Syphilis-Fälle erreichen neuen Höchststand - besonders in Deutschland

Es gibt immer mehr Syphilis-Infektionen in Europa. In Deutschland ist die Ansteckungsgefahr vor allem in Berlin und Hamburg groß.
Foto: Pornpak Khunatorn/ iStockphoto/ Getty Images

Die Zahl der bestätigten Syphilis-Fälle in Europa ist in den vergangenen Jahren stark gestiegen. Männer im Alter von 25 bis 34 Jahren infizierten sich im Verhältnis zu Frauen und anderen Altersgruppen besonders häufig mit der sexuell übertragbaren Krankheit, heißt es in einem Bericht des Europäischen Zentrums für Krankheitsprävention und -kontrolle (ECDC) . Dies gelte vor allem für Männer, die Sex mit anderen Männern haben und in Städten leben.

Der Bericht bezieht sich auf die Zahl der Syphilis-Meldungen von 2007 bis 2017. Für diesen Zeitraum wertete das ECDC Daten von 30 Staaten aus - den EU-Ländern, Norwegen und Island. Die Zahl der bestätigten Fälle stieg demnach seit 2010 um knapp 70 Prozent auf einen Rekordwert von 33.193 im Jahr 2017. Damit gebe es erstmals seit Anfang 2000 mehr bestätigte Syphilis- als HIV-Fälle in Europa, erklärte das in Stockholm ansässige Zentrum.

"Die Zuwächse bei den Syphilis-Infektionen, die wir in Europa sowie in anderen Ländern in aller Welt sehen, sind ein Ergebnis mehrerer Faktoren wie Sex ohne Kondom und mit mehreren Sexualpartnern, kombiniert mit einer geringeren Angst, HIV zu bekommen", sagt der Leiter des ECDC-Programms für HIV- und Geschlechtskrankheiten, Andrew Amato-Gauci.

Deutschland: Mehr Fälle als im EU-Durchschnitt

Auch in Deutschland stieg die Zahl der Erkrankungen zwischen 2007 und 2017 stark an - von durchschnittlich 4 auf 9,1 Fälle pro 100.000 Bürger. Zum Vergleich: In ganz Europa lag die Rate 2017 bei 7,1 pro 100.000. Damit zählt Deutschland neben Island, Irland, Großbritannien und Malta zu den fünf Ländern, in denen sich die Rate seit 2010 mehr als verdoppelt hat. Estland und Rumänien dagegen meldeten einen deutlichen Rückgang.

Ende 2018 hatte das Robert Koch-Institut (RKI) in Berlin ebenfalls vor einem deutlichen Anstieg der Syphilis-Infektionen in Deutschland gewarnt. Demnach wurden 2017 knapp 7500 Fälle gemeldet, im Vergleich zum Jahr 2016 stieg die Zahl um 4,2 Prozent. Insbesondere in Berlin und Hamburg erkrankten gemessen an der Einwohnerzahl überdurchschnittlich viele Menschen.

Die Deutsche Aidshilfe sieht einen Grund dafür in der zurückgehenden Nutzung von Kondomen, die sie unter anderem auf bessere HIV-Therapien zurückführt. Ein weiterer möglicher Grund ist demnach, dass mehr Fälle erkannt werden. Schwule und bisexuelle Männer seien verstärkt zu regelmäßigen Syphilis-Tests aufgerufen worden, schrieb die Organisation Ende 2018 . Dadurch steigt die Zahl der gemeldeten Fälle, die Dunkelziffer nimmt ab.

Rückgang in den Achtzigerjahren

Die Zahl der Syphilis-Fälle war vor allem in den Achtzigerjahren mit der Ausbreitung von HIV/Aids und Safer Sex stark gesunken. Seit Jahren aber hat sich der Trend wieder umgekehrt. Nur etwa die Hälfte der Infizierten entwickelt Beschwerden, unbehandelt kann die Krankheit in drei Stadien verlaufen:

  • In vielen Fällen bildet sich zunächst ein Geschwür an der Eintrittsstelle des Erregers - etwa am Penis oder am Mund. Das Geschwür ist meist schmerzlos und heilt nach mehreren Wochen von selbst wieder ab. Während der Zeit verteilen sich die Erreger jedoch unbemerkt im Körper.
  • Im zweiten Stadium bekommen die Erkrankten meistens einen Hautausschlag, und es bilden sich flache Knötchen in Hautfalten. Oft sind auch die Entzündungswerte im Blut erhöht, die Betroffenen haben Fieber und fühlen sich allgemein krank. Auch das geht meist von selbst vorbei.
  • Im dritten Stadium, das ohne Behandlung mehrere Jahre nach der Infektion eintreten kann, schädigt der Erreger im schlimmsten Fall Gefäße und innere Organe. Mögliche Folgen sind unter anderem Psychosen oder eine Demenz. Bei rund 30 Prozent der unbehandelten Syphilis-Fällen kommt es laut Robert Koch-Institut  jedoch im Laufe der Jahre auch zu einer Spontanheilung.

Wird die Erkrankung erkannt, reicht zur Behandlung häufig eine Penicillin-Spritze aus. Etwa sieben Tage später ist der Erkrankte nicht mehr ansteckend.

irb/dpa